Unser Workshop für Autoren/innen zur Herstellung von Büchern besteht seit 2015 und wurde erstmalig in Berlin, 1 Jahr später in Hamburg und Limburg (Hessen) durchgeführt. Seither haben viele Autoren/innen ein Praktikum während der Studienzeit im Workshop vollzogen und viel technisches Wissen über die Herstellung eines Buchs in Druckart, Design und Grafik (Cover-Erstellung) sowie Praktika über das Schreiben selbst (Expose, Klappentext etc.) gesammelt. Dieses unschätzbare Wissen ist ihnen dann im beruflichen Autoren- und Journalistenbereich zugute gekommen.
TÄTIGKEITEN & INTERVIEWS im WORKSHOP
Redakteur TIP – PATRICK MOTSUMI:
Interview mit Autor Bernd Behrendt über
die neue geplante historische Urban-Fantasy: Die Saga ELOAH
Patrick: Bernd, du hast dem Stiftungsvorstand zur Mitgliederversammlung der AQ in Berlin zugesagt, die Gesamtleitung zur Herstellung des historischen Fantasy-Romans ‚Lucifer und Lilith‘ zu übernehmen. Eine reizvolle, aber mächtige Aufgabe, wie mir scheint?
Bernd: In der Tat. Einige sachliche Bemerkungen vorab. Erstens: Der Titel steht noch nicht fest. Zweitens: Auch das Cover und der Umfang des Buchtexts ist noch offen. Lediglich das Thema ist gesetzt, wobei ein Dutzend Literaten jeweils 1 Kapitel schreiben werden. Es ist die bekannteste, aber dennoch unheimlichste Geschichte der Welt. Mich reizt nicht nur dieses gigantische Thema, Ansporn war auch die Idee zu diesem Werk, welche von meinem verstorbenen Sohn Martin stammt. Ferner war die Zusage von Bettina Kerstan, die Orga des Inhalts federführend zu übernehmen, mitentscheidend. Denn unter ihr als talentierte Autorin arbeiten im Workshop immerhin viele Autoren am Buch, was nicht einfach zu managen ist. Alle Rechte liegen vorerst bei mir.
Patrick: Ist das Werk ein Roman?
Bernd: Ja. Sämtliche literarischen Mitarbeiter nehmen direkt Einfluss auf ihre Kapitel, diese schreiben sie komplett selbst, müssen sich aber nach einer zeitlichen Ordnung halten, wenn sie sich thematisch stark an überlieferte Handlungen von Bibel, Koran und Tora anlehnen. Die Sachlichkeit darf nicht durch übertriebene Fiktionen verloren gehen.
Patrick: Ohne viel im Voraus zu verraten, wo startet und wo endet diese historische Fantasy-Saga?
Bernd: Gott, im Buch als Protagonist ELOHA in vorderster Reihe auftretend, hat zum Zeitpunkt der Geburt Adams den Zeitablauf auf ‚Null‘ gesetzt, das wäre laut Bibel circa 4000 Jahre v.Chr. Da startet Kapitel 1, wobei Bettina einen vorgesetzten Prolog schreibt, welcher die Geschichte ‚Vor Anbeginn aller Zeiten…‘ setzt. Die Leser müssen einen realistischen Startpunkt haben. Der Roman bedient sich vieler fiktionaler Effekte, Geschehnisse und Spannungsmomente, bleibt aber im Zeitgeschehen und von den Namen her real bei den Überlieferungen der Glaubensgeschichten. Das betrifft insbesondere Tora, Bibel und Koran.
Patrick: Und der Roman endet wann? Bei der Apokalypse?
Bernd: Nein, dazu kommt es gar nicht. Unvorhergesehen geschieht im letzten Kapitel Unfassbares, was die Leserschaft nicht erwartet!
Patrick: Was du natürlich nicht verraten darfst?!
Bernd: Richtig! Wobei ich davon selbst noch nicht 100pro in Kenntnis gesetzt wurde, denn ich bin kein aktiv beteiligter Autor am Gesamtwerk um Eloah‚ Lucifer und Lilith‘.
Patrick: Die drei Namen bestimmen die Saga, aber abgesehen von den sicherlich spannenden Geschichten auf der Real- und Fiktionsebene dieses Fantasy-Romans, was stellen die drei Protagonisten Eloah, Lucifer und Lilith zielstrategisch in der Story an?
Bernd: Ein Machtkampf, der zwischen insbesondere Eloha und Lucifer viel größer ist, als es in den Überlieferungen beschrieben wurde. Eloah als der Allmächtige fällt es schwer, sowohl Lucifer wie die zur furchtbaren Dämonin aufsteigenden Liltih von sich zu halten. Das von ihm auserwählte Volk zum Humanismus zu führen, erweist sich praktisch als undurchführbar. Der Machtkampf erreicht gigantische Ausmaße, stets von den Schilderungen der drei Religionshierarchien von Christen, Islam und Judentum fundementiert. So entsteht ein packendes und ergreifendes Geschichtsdrama, eigentlich eine Saga Eloahs!
Patrick: Ich habe mich vor dem Gespräch sachkundig gemacht. In den Überlieferungen wird beschrieben, dass Gott zuerst Lilith als Frau an Adams Seite stellte und erst dann, nachdem diese sich Adam nicht unterordnen wollte und ihn verlassen hatte, Eva erschuf.
Bernd: Korrekt. Es gibt Überlieferungen, alte Schriftrollen, die verweisen auf dieses Geschehnis. Es ist dem Roman in seiner Art geschuldet, dass sich Lucifer und Lilith in Liebe mit viel Erotik verbinden, um gemeinsam Gottes Schöpfungsidee eines eigenen, humanen Volkes zu bekämpfen. Lucifer will Gott stürzen, nutzt Lilith als Antrieb, um selbst Allmächtiger zu werden. Allerdings erhebt dann Lilith auch Anspruch auf seine Macht auf Erden.
Patrick: Wenn man sich die Taten und Machenschaften der Menschheit ansieht, liegt Lucifer gar nicht so schlecht! Und was die Frauenherrschaft angeht, Lilith hat auch gewonnen!
Bernd: In der Tat! Die Vergangenheit und Gegenwart zeigen uns das deutlich. So echt human, wie Eloha, als Gott der Elohim die Menschen gerne gehabt hätte, ist sie wohl nicht unter seinen formenden Händen geworden.
Patrick: Das ist wohl sinnbildlich der Mittelpunkt dieses historischen Machwerkes?
Bernd: Ja, natürlich mit dem entsprechenden Unterhaltungswert, aber mit einem Ausgang, den sich so keine Glaubenslehre vorgestellt hat.
Patrick: Wie behandelt das Buch die Behauptung von Friedrich Nietzsche ‚Gott ist tot‘? Das war ja ein oft zitiertes Zitat im 19. Jahrhundert.
Bernd: Gar nicht! Nietzsche sagte ja: ‚Wir haben ihn getötet, – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder!‘ Das Buch endet nicht mit dem Tode Gottes, es endet im Patt, denn Lucifer steht zwar als Antagonist vor Gott direkt in Augenhöhe, jedoch beide werden plötzlich mit Unfassbarem konfrontiert, das den Kampf um die Menschheit für beide sinnlos erscheinen lässt.
Patrick: Das klingt unglaublich spannend und sehr vielversprechend. Wie umfangreich wird das Buch in Art und Größe sein und wann erscheint es?
Bernd: Ein gebundenes Buch mit höheren Ansprüchen in der Herstellung, welches um die 400 Seiten fasst. Es ist großformatig mit reichlicher Bebilderung, um den Genres Fantasy und History einen entsprechenden Ausdruck zu verleihen. Das Manuskript entsteht im Berliner Workshop der Autorenstiftung, ein Verlag ist noch nicht im Gespräch. Die erste Edition soll im Herbst/Winter dieses Jahres für Interessierte erhältlich sein. Unter den Autoren und vielen ihrer Bekannten haben wir schon die ersten 100 Bücher an die Frau und den Mann gebracht…
Patrick: Dann wünsche ich allen Beteiligten viel Spaß bei der Erstellung und viel Erfolg! Danke für dieses wirklich sehr interessante Buchgespräch.
Bernd: Ein herzliches Dankeschön zurück!
MEHR INFO über INHALT, HERSTELLUNG + BEZUGSQUELLE = HIER
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EIFEL-LITERATURFESTVAL-2024
Heute startet das seit 30 Jahren stattfindene Literaturfestival mit der Lesung von Mariana Leky in Gerolstein. Es folgen (siehe unten) 5 weitere Lesungen bekannter Autorinnen und Autoren. Nobelpreisträger, Bestsellerstürmer, Kultautoren: Alle zwei Jahre verwandelt das Eifel-Literatur-Festival die Eifel in ein „Mekka für Literatur“. Mit „Sternstunden für Leser“. 2024 mit rundem Jubiläum: „30 Jahre – von 1994 bis 2024“. Gegründet lange vor jedem Boom der Literaturfestivals deutschlandweit! Die erste Garde der Literaturwelt kommt in die Eifel! Seien Sie dabei! Literatur live – 2024!
Interview mit Elke Heidenreich. In ihrem Buch „Ihr glücklichen Augen“ erzählt Elke Heidenreich in kleinen Kapiteln von ihren Reiseerlebnissen in unterschiedlichen Städten. Ihr Buch ist kein typischer Reiseführer – vielmehr eine Mischung aus schlauer machenden Fakten, einem Sich-Hineinversetzen-Können und dem Wecken von Neugier. Es lebt von den Begegnungen mit den Menschen auf Ihren Reisen.
ELKE HEIDENREICH Schön, dass Sie das sagen, denn so reise ich eigentlich auch. Ich mache es nicht so, dass ich vorher alles über mein Reiseziel lese. Ich weiß so ungefähr, was mich erwartet, und dann gehe ich einfach los und gucke und lasse es auf mich zukommen. Ich bin kein Reisender, der perfekt vorbereitet ist. Ich habe nur eine ungefähre Ahnung.
Aber Sie eignen sich vor der Reise einige Worte in der jeweiligen Landessprache an?
ELKE HEIDENREICH Das versuche ich immer. Man sollte „bitte“ und „danke“ und „was kostet es“ sagen können und in welchem Hotel man wohnt, so ein paar Sachen kann ich schon. „Ja“ und „nein“ und „guten Morgen“ und „guten Abend“ und so was.
Macht Sie das Warten auf den Flieger oder verspätete Züge nicht nervös und Sie denken sich: Wäre ich mal besser daheim geblieben?
ELKE HEIDENREICH Nein, das ist bei mir nicht so. Aber ich bin ja viel auf Lesereisen im deutschsprachigen Raum. Wenn da eine Bahn zu spät kommt, werde ich nervös, weil ich hab ja dann einen Job und das muss funktionieren. Aber wenn ich meine eigenen kleinen Reisen mache – ich reise meist nicht länger als fünf, sechs Tage –, dann habe ich vor Ort keine Verpflichtung. Dann bin ich ganz frei und dann macht es mich nicht nervös. Ich habe immer was zu lesen dabei, dann setze ich mich hin, trinke ein Glas Wein und warte ab, wie es dann weitergeht. Aber ich muss gestehen, dass ich viel Glück im Leben hatte. Ich war oft auf Kreuzfahrtschiffen eingeladen, um Lesungen zu veranstalten. Dafür bekam ich diese Reisen spendiert und wir legten in den tollsten Häfen an. Da musste ich mich um gar nichts kümmern, das ist dann natürlich leichter.
Seit fast 30 Jahren ist Tom Krausz Ihr „perfekter Reisebegleiter“. Was macht jemanden dazu?
ELKE HEIDENREICH Ich habe Tom kennengelernt, als ich damals ein Kinderbuch über Pinguine geschrieben habe und die Zeitschrift „Brigitte“ mich seinerzeit nach Neuseeland geschickt hat, um einen Bericht über echte Pinguine zu schreiben. Tom sollte die Fotos machen, und wir lernten uns erst am Flughafen kennen. Innerhalb der ersten fünf Minuten waren wir Freunde. Wir haben sofort gewusst: Wir passen zusammen. Ich bin quirlig, er ist ruhig. Er ist ein unendlich geduldiger und freundlicher Mensch – viel freundlicher als ich! Er bringt Ruhe rein, ist verlässlich, findet immer die Wege, fährt das Auto. Wir haben mittlerweile sehr viele Bücher zusammen gemacht. In Wales haben wir alle Kneipen besucht, die der Dichter Dylan Thomas besucht hat – denn der war ein großer Säufer. Und dort haben wir auch gesoffen und auf dem Grab von Dylan Thomas eine geraucht und Whisky getrunken. All das kann man mit Tom wunderbar machen. Wir sind über diese gemeinsame Arbeit richtige Lebensfreunde geworden. Er war ein Glücksfall in meinem Leben.
Machen Sie typische Fehler beim Kofferpacken: zu viel, zu wenig, das Falsche?
ELKE HEIDENREICH Man packt immer zu viel ein. Aber das belastet. Ich habe gelernt: Man muss den Koffer selber ins Gepäcknetz heben können. Wenn ich da jedes Mal einen Kerl für brauche, ist das schon schlecht Man muss selbstständig sein, das ist für mich immer ganz wichtig.
In Ihrem Buch schreiben Sie: „Von jeder Reise nimmt man etwas mit für das tägliche Leben.“ Kennen Sie das Phänomen, dass man Dinge, die man vor Ort super findet, zu Hause gar nicht gebrauchen kann? Haben Sie daraus gelernt oder fallen Sie auch heute noch darauf rein?
ELKE HEIDENREICH Klar falle ich auf so was rein! Es gibt immer so Sachen, die einen verführen, weil sie so schön aussehen. Ich habe mir zum Beispiel in China eine schöne Bluse gekauft, wie die Chinesinnen sie tragen. Die hatte ich nicht ein einziges Mal an. Sie sind 81 Jahre alt. Wenn man schon so viel gesehen hat wie Sie – können Dinge Sie noch beeindrucken oder werden Sie schneller ungeduldig oder gelangweilt?
ELKE HEIDENREICH Ich war mein Leben lang ungeduldig und ich bleibe es auch im Alter. Aber ich kann immer noch staunen und mich wahnsinnig freuen über schöne Sachen. Gerade jetzt, wo Frühling ist und alles blüht. Ich gehe durch den Wald und bin einfach nur glücklich und sage innerlich „danke“, dass ich in einem so friedlichen Land leben darf wie diesem hier. Oder wenn ich in Venedig bin, packt es mich jedes Mal wieder. Das wird nie weggehen, dass ich dankbar bin und staune über die schönen Dinge, die ich erleben und sehen darf. Aber die Kräfte lassen nach. Ich merke, dass ich körperlich nicht mehr so stabil bin und früher müde werde. Das bringt das Alter mit sich.
Sie sind erklärte Gegnerin der gendergerechten Sprache. Haben Sie die Hoffnung, dass das mit dem Gendern bald wieder vorbei ist?
ELKE HEIDENREICH Natürlich habe ich die. Das hört wieder auf – ich bin ganz sicher. Kein Mensch mag das leiden. Das ist keine Sprache, das ist entsetzlich. Es ist grammatikalisch falsch, das ist idiotisch. Wir müssen für Gleichberechtigung kämpfen, aber nicht, indem wir die Sprache verhunzen. Mit mir ist das nicht zu machen. Ich werde zwar oft deshalb angegriffen, aber das ist mir egal. Ich hab‘ ja gern immer ein bissel Krach.
Müssen wir Angst haben, dass Sie jemals anfangen, Krimis zu schreiben?
ELKE HEIDENREICH Nein, ich werde nie einen schreiben! Ich lese auch keine, das interessiert mich literarisch nicht. Ich habe gerne eine gute Sprache, eine gute Geschichte – aber ich will nicht wissen, „wer es war“. Ich finde auch, dass das Fernsehen überschwappt mit Krimis und Kochsendungen. Da könnte mal ein bisschen mehr Kultur stattfinden.
Apropos Kultur: Was erwartet uns denn bei der Lesung in Bitburg?
ELKE HEIDENREICH Ich habe den Pianisten Marc-Aurel Floros dabei, der zwischen den Geschichten aus dem Buch „Ihr glücklichen Augen“ die passende Musik zu den jeweiligen Ländern macht, damit man zwischendurch darüber nachdenken kann. Es gibt leichtere und schwerere Geschichten. Auch aus dem neuen Buch „Frau Dr. Moormann & ich“ werde ich lesen.
Das Gespräch führte mit ihr Karin Pütz
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Ein ideales Paar von ALT und JUNG im Kreativ-Workshop COVER-BUILDING
Seit 8 Jahren ein „Cover-Pärchen“!
Dipl.-Designerin (Master) Nadine Seidler und Dipl.-Ing. Bernd Behrendt haben Ende Februar ihr 100. Buchcover abgeliefert. 2015 lernte Bernd als Autor und Altroutinier in Sachen Buchherstellung Nadine beim Berliner Media-Workshop der Verlagsstiftung „Sportsoft“ kennen. Ihr Ideenreichtum, ihr Fontkenntnisse in Sachen Programmierung und ihre Gestaltungsvielfalt in der Farbpsychologie beeindruckten ihn. So vereinigten sich Kreativität und Technik in einem Kreis.
„Er ist immerhin fast 40 Jahre älter als ich“, resümiert Nadine, „und deshalb sind wir in unserer engen Zusammenarbeit, zumeist online per Home-Office, wie Vater und Tochter.“
Bernd, der inzwischen sein schriftstellerisches Tun eingestellt hat, hält noch interne Vorträge über die wesentlichsten Fakten des Buchvertriebs, bleibt aber weiterhin der aktiven Covergestaltung aufgrund seiner grafischen Media-Ausrüstung treu. So auch Nadine, obwohl sie im Media-Konzern von SONY noch andere, weiterreichende Aufgaben zu bewältigen hat. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg!
(red. Lisa Levkic)
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“Visual Stories from Armenia, Georgia and Ukraine” nutzt als Kreativprojekt Comic-Formate, um die Geschichten dreier Frauen aus dem Krieg zu erzählen. Für die Ukraine arbeiten Schriftstellerin und Journalistin Vira Kuryko und Künstlerin Sofia Pokorchak zusammen. Im Interview erzählen sie über visuelles Erzählen im Krieg. Etwa darüber, wie ein Bomberjet einem riesigen Raben ähneln kann. Und sie stellen Forderungen an die internationale Kulturindustrie. © Roman Zakrevsky; Liza Vlasenko
Vira (VK), erzähl uns mehr über das Projekt. Wie ist es entstanden, und wie wurdest du involviert?
Ich arbeite seit vielen Jahren in einem Genre der Reportage, das der Dokumentarliteratur näher ist als dem klassischen Journalismus. Seit 2022 bin ich nicht nur Tochter eines Militäroffiziers, sondern auch Ehefrau eines Soldaten. Daher denke ich sehr genau über meine Rolle in diesem Krieg nach, den Russland gegen die Ukraine führt, und auch über die Rollen, die andere Frauen, Freund*innen und Kolleg*innen darin spielen. Ich sammle Spenden für meinen Mann und meinen Vater und helfe meinen Brüdern und Freunden, die in der Armee sind. Gleichzeitig schreibe ich darüber, was in meiner Heimatstadt Tschernihiw im März 2022 geschah, als die Russen die Stadt umzingelten. Am häufigsten aber, schreibe ich über Frauen. Das war keine Entscheidung, die ich getroffen habe – Es sind ihre schmerzlichen Erfahrungen, denen ich häufiger begegne, wenn ich verschiedene unbesetzte Regionen besuche.
Als der Komora Verlag mir anbot, an dem Projekt teilzunehmen und eine Geschichte für ein Comicbuch zu schreiben, das von den Kriegserfahrungen von Frauen erzählen sollte, zögerte ich zunächst. Weil es so ein breites Spektrum gibt, hatte ich Angst, aus meiner persönlichen Sicht über ukrainische Frauen und ihre Erfahrungen zu sprechen. Aber schließlich stimmte ich zu, als mir klar wurde, dass ich eine von fünf, eine von drei und eine von einer bin. Ich bin eine Frau. Und ich habe meine eigene kleine Erfahrung, die sich mit einem großen Teil der ukrainischen Frauen deckt.
Ich erinnere mich, wie ich mich 2014, als mein Vater an die Front ging, als junges Mädchen in einem Land wiederfand, in dem Krieg herrscht, aber nicht überall, nur irgendwo da draußen. Solange man in einer Blase lebt, spüren die Menschen außerhalb der Blase nicht dieselbe Angst wie man selbst. Jetzt ist es ein anderer Krieg. Und ich bin nicht ganz so allein. Ich sehe das Verständnis in den Augen jeder Frau in den Straßen der Städte, die weit von der Front entfernt sind.
Sofia (SP), wie und warum hast du dich an dem Projekt beteiligt?
Ich habe mich auf der Website des Komora Verlags für den Illustrationswettbewerb beworben. Ich habe mich zur Teilnahme entschlossen, weil ich es für sehr wichtig halte, über den Krieg zu sprechen und unsere Fähigkeiten und Werkzeuge als Autor*innen, Verleger*innen und Illustrator*innen zu nutzen. Die Illustration ist mein Erzähl-Werkzeug.
Warum hat man sich für das Comicgenre entschieden und was schätzt ihr an dieser Erzählform?
VK: Ich schreibe literarische Reportagen, weil ich dem Leser auf diese Weise die kleinen Details zeigen kann, die diese Welt zusammenhalten. Ein Comic ist auch eine Gelegenheit, Farbe, Charakter und Bewegung zu spüren, die sich von einer wörtlichen Geschichte abheben. Wo sonst könnte ich veranschaulichen, wie sehr der Bomberjet über Tschernihiw einem riesigen Raben ähnelt, der die Stadt mit seinem Flügel bedeckt und alle Lichter in den Fenstern ausbläst? Das ist es, was ich an grafischen Geschichten schätze. Ich habe den Eindruck, dass Comics und Graphic Novels für solche Geschichten einen Raum für eine tiefe Erklärung der Gefühle bietet.
SP: Comics erzählen in der Regel eine kurze Geschichte, aber Bilder und Kunst können eine Menge Dinge erzählen, die in einem Text nicht ausgedrückt werden können. Das Comic-Format hilft dabei, Emotionen einzufangen und den Leser an die Geschichte zu fesseln.
Kann schon mehr über das Endprodukt und dessen Botschaft verraten werden?
VK: Es wird die Geschichte einer Frau sein, die zum ersten Mal an die Front geht, um ihren Mann zu sehen, nachdem sie drei Monate lang getrennt waren. Es ist eine Geschichte über ihre Reise und die Menschen, die sie auf dieser Reise trifft. Es ist eine Geschichte darüber, was die Liebe wert ist – eigentlich Alles.
Hunderte von Frauen besteigen jeden Tag den Zug, den wir “Kiew-Krieg” nennen und der an der letztmöglichen Station vor der Front ankommt. Hunderte von Frauen gehen jeden Tag zu ihren Männern und wieder zurück, nur um mit ihnen auf dem Bahnsteig zu stehen. Ich bin nicht beeindruckt von der Tat einer Frau oder eines Mannes. Ich spreche von der Tatsache, dass es eine Geschichte über eine starke Liebe ist, die das Ende der Welt überlebt hat.
SP: Es ist mir wichtig, dass die Geschichte auf der wahren Geschichte von Vira basiert. Denn solche Geschichten vermitteln detailliert die Momente, die wir während des Krieges erlebt haben.
Gestattet mir zum Schluss eine persönliche Frage: Welche Unterstützung erwartet ihr als ukrainische Schriftstellerin und Künstlerin von der internationalen Kulturindustrie?
VK: Ich erwarte Solidarität. Ich erwarte, dass die internationale Kulturindustrie uns so behandelt, wie sie selbst behandelt werden möchte, wenn sie angegriffen wird. Ich möchte, dass die Menschen verstehen, dass die Ukraine in den letzten 300 Jahren mit aller Kraft versucht hat, einem aggressiven Nachbarn zu beweisen, dass sie nicht zu ihm gehört. Ich wünschte, ich bräuchte nicht zu erklären, dass es für uns keine Kunst außerhalb der Politik gibt. Es gibt nichts außerhalb der Politik, solange Tyrannei, Diktatur und Autoritarismus fortbestehen. Ich würde mir wünschen, dass die Künstler uns im Auge behalten und für uns eintreten, so wie sie für sich selbst eintreten würden. Ich möchte, dass sie in dem Land, das uns angegriffen hat, dasselbe sehen, was sie sehen würden, wenn sie selbst von diesem Land angegriffen werden würden.
SP: In Diskussionen über den Krieg Russlands gegen die Ukraine wird oft die Frage der Kultur aufgeworfen. Russland, als Staat mit imperialistischen Ambitionen, legt großen Wert auf die kulturelle Expansion. Und wenn wir über Kultur sprechen, hören wir oft die pro-russische Meinung, dass sich die ukrainische Kultur nicht von der russischen unterscheidet. Deshalb ist es so wichtig, über die Ukraine als eigenständiges und einzigartiges Land in der Kulturgemeinschaft zu sprechen, sichtbar zu sein und unsere Geschichten aus unserer Sicht erzählen zu können. Es ist daher wichtig, dass ukrainische Stimmen gehört werden.
Danke für das Interview…
Profilbild Patrick Motsumi :
Patrick (42) wurde in der Hauptstadt Gaborone von Botswana geboren, welches die älteste und wohl auch erfolgreichste Demokratie Afrikas besitzt, nachdem es 1966 von Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassen wurde. Er ist sehr stolz auf sein Land, welches den letzten Krieg 1852 führte und seither im Frieden lebt. Polizisten patrouillieren unbewaffnet die Straßen, die Armee wird lediglich zu Beobachtermissionen eingesetzt. Und Patrick möchte bald nach seiner praxisbezogenen Verlagstätigkeit als Journalist und Autor in Deutschland wieder in die Heimat zurückkehren. Für seine personenbezogenen Interviews in den Zeitschriften der Workshops danken wir ihm. (*red. janine atzert)
Bei ihm als Gast die Autorin
BETTINA KERSTAN
Bettina arbeitete in den Jahren 2016 bis 2018 neben ihrem Studium im Verlagsworkshop der MediaSportsoft in Berlin, wo sie erste Schritte in der Sparte ‘Literatur erlernen + erstellen’ unternahm. Als sie die wesentlichsten Punkte zur Herstellung von Büchern erlernt hatte, vollzog sie die ersten Schritte als Autorin.
Es sollte ein erfolgreicher Weg – insbesondere als Journalistin – werden…
:::::Bettina, du schreibst seit zwei Jahren deine harten Thriller unter einem Pseudonym. Darf man wissen unter welchem?
:::::Nein!
:::::Darf man wissen, warum du den Namen verschweigst?
:::::Ja. Die meisten, die mich kennen, nahmen mich nicht mehr ernst. Das habe ich am Buch BEN CREEPY gemerkt.
:::::Dieser Titel war dein erster Thriller?
:::::Ja. Viele meiner engsten Freundinnen kauften das Buch und waren erschrocken, was sich später ins Lächerliche umwandelte und mich ärgerte. Ich schob viele der Inhalte auf meinen alten Freund Berni, der auch als Autor wie ich einst im Berliner Workshop lernte.
:::::Warum?
:::::Weil mir das dann peinlichste Fragen auf der Uni ersparte und Berni nun als Urheber vieler Szenen verurteilte. Ich konnte mich plötzlich wieder unangetastet sehen lassen.
:::::Berni, das ist der Autor Bernd Behrendt aus Limburg?
Richtig. Der veröffentlichte dann auf meinen Wunsch hin das Buch nochmals neu unter dem Titel ‘Game over, Ben!’ und seinem Namen. Es hatte aber nicht so einen Erfolg wie mein Original davor, obwohl der Text fast identisch war. Die Thrillerfans sehen Qualität zumeist als weiblich an.
:::: Ich habe gehört, du hättest zwei Jahre lang alle 14 Tage eine Lesung von Ben Creepy abgehalten?
:::::Nein, ganz so viele waren es in Norddeutschland nicht. Aber so rund 25 Lesungen waren es 2017 und 2018 schon. Allein diese Lesungen waren ja Grundlage für den Verkaufserfolg. Zwar hatte die vom Senat Berlin geförderte Autorenquelle als Verlagsworkshop junger Autoren und Autorinnen das Buch kostengünstig produziert, es war aber dennoch ein Selfpublishing-Projekt und besaß kein besonderes Marketing im Vorfeld. Doch so eine Lesung, ist sie gut organisiert, lockt 20-30 Zuhörer in den Veranstaltungssaal. Jeder Zweite kauft ein Buch und die Nachwehen per Bestellung ordern nochmal gut dieselbe Menge. Und da das Buch auch im Handel bei so großen Händlern wie Thalia, Hugendubel und auch Amazon zu kaufen war, gingen im Jahr nochmals viele Bestellung des Titels ein. Das ist dann schon für einen Selfpublisher ein großer Verkaufserfolg.
:::::Bettina, du hast dann in fortsetzenden Kapiteln Kolumnen als harte Thriller für einige Blätter in norddeutschen Großstädten geschrieben. Stimmt es, dass ein Blatt aufgrund von Leserbeschwerden deinen Thriller mittendrin abgesetzt hat?
:::::Oh ja, da erinnere ich mich. Das war mein leidiger Titel ‘Im 6. Stock bei Lea’. Da hatte ich spannungsgeladen zu tief in die Kiste mit Blut gegriffen. Das war ein Thriller mit Wertung ‘ab 18′. Ein Verlag in der Profi-Etage wollte ihn veröffentlichen, ich hab’ es abgelehnt.
:::::Warum? Du hättest vielleicht damit einen Erfolg gehabt?
:::::Das ist mit dem Erfolg nicht so einfach vorausschaubar. Nachdem eine Zeitung meine Horrorgeschichte aus der Veröffentlichung nahm, habe ich die verbliebenen Kolumnen bei den anderen Zeitschriften gekürzt und die Kapitel etwas verharmlost. Ich habe echt Schiss vor der Wiedergabe meiner eigenen Story bekommen.
:::::Sorry, das verstehe ich nicht so recht…
:::::Nun, ich hatte mich plötzlich gefragt, wer bist du eigentlich innerlich; wie tickst du denn und was befriedigt dich an solchen himmelschreienden Splatter- und Gore-Themen? Dagegen sind ja Zombies und Werwölfe harmlos!
:::::Dann hast du aber doch das Buch im Originaltext drucken lassen, allerdings unter einem autorischen Pseudonym, oder?
:::::Ja, aber es existierten nur 10 Muster, die von speziellen Personen gekauft wurden. Das Buch erschien auch nicht im Handel, hatte also auch keine ISBN.
:::::Stammen die Kapitelszenen dieses Buchs, welche bei der Autorenquelle in der ‘Lesestube’ einzusehen ist, aus dem Originalbuch?
:::::Natürlich, ungekürzt und originaltreu, jedoch erst vorlektoriert. Allerdings sind diese 40-50 Seiten nun wirklich ohne Anzeichen eines ‘Red Splatters’, da ich diese Geschichte am Anfang nur in offener Vermutungsart geschrieben habe, das heißt, dem Leser wird glaubhaft suggeriert, was passiert ist oder jetzt gleich passieren wird, ohne dass es schon in Echtzeit geschildert wurde. Erst ab Mitte der Erzählung präsentiert sich der blanke Horror als Gore im ‘Mitdabeisein’ vor Ort!
:::::Verzeih’ mir den furchtbar klingenden Kosenamen; aber was ist aus der ‘Horror-Bettina’ geworden, wenn ich dieses Buch hier vor mir ansehe? Ein wunderschönes Fotobuch mit romanischen Madonnenbilder und -statuen mit übersichtlichen Beschreibungen aus aller Welt. Allerdings von einer Autorin, die sich jetzt anders nennt und wohl auch nicht Bettina Kerstan ist. Pssst! Ich verrate und schreibe nicht den Namen ins Interview!
:::::Doch, es ist dieselbe Bettina! Ich weiß das auch nicht mehr genau, da hat mich etwas während der Covid-Zeit beeinflusst. Ich war als Frau beeindruckt, als ich das herrliche Bild der Verkündung von Lucca mit der heiligen Jungfrau Maria sah…
::::::Inzwischen, so hörte ich, hast Du die Gesamtleitung eines neuen Romans, eine Art historischer Fanatsy angenommen, an welchem noch ein Dutzend anderer Autoren beteiligt werden sollen. Noch etwas Neues für die “Horror-Bettina”?
::::::Ja, das Angebot vom Gesamtleiter Bernd, den wir gerade bei BEN CREEPY erwähnt hatten, dieses Projekt literaisch zu betreuen, reizt mich sehr. Der Stoff um die Geschehnisse von Lucifer und Lilith ist an sich schon interessant, aber die große Beteiligung mehrerer Autoren und Autorinnen an diesem nostalgischen Werk finde ich irre. Da existiert ein Nachholbedarf an entsprechenden Büchern.
::::::Was ist Dir als Projektleiterin besonders wichtig an diesem Buch?
:::::Die Einhaltung der Grundwerte von Schilderungen aus den Glaubensrichtungen der Juden und Christen sowie vom Islam. Also Tora, Bibel und Koran!
:::::Das schließt meine nächste Frage ein. Hat dieses wunderschöne Madonnen-Buch etwas mit dem erwähnten neuen Buch zu tun? Ich meine, des Engels Gabriel wegen?
:::::Diese Frage habe ich erwartet und meine Antwort darauf ist ein klares Ja!
:::::Und das bedeutet was?
:::::Das bedeutet, dass mich dieser von einem allmächtigen Schöpfer in die Schlacht wegen der abtrünnigen Engel geschickte Erzengel Gabriel interessierte, denn er bezwang ja angeblich den ehemaligen ersten Engel eines oft fragwürdig handelnden Gottes. Er stürzte Samuel, den man später auf Erden Lucifer nannte. Auf die Idee brachte mich der unlängst verstorbene Autor Martin B. Dante mit seinen Thrillern um einen ‘gefallenen Engel’. Er hatte in seinen Unterlagen die Idee eine Fantasy-Story biblischen Ursprungs zu verfassen, die mich echt faszinierte.
:::::Wie bist du an diese Fantasy-Story gekommen?
:::::Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Martin hatte bis kurz vor seinem Tod den ans Herz gehenden Roman, eine Art gesellschaftskritische Liebesgeschichte unserer Medienzeit geschrieben, welche er mich bat zu rezensieren. Das tat ich gerne, da ich überrascht war, denn ich kannte ihn nur aufgrund seiner Thriller, die im Splatter-Modus meine Richtung besaßen. So kamen wir ins Gespräch über seine Aufzeichnungen der gefallenen Engel in der Menschheit.
:::::Gefallene Engel in der Menschheit? Wie ist das zu verstehen?
:::::Martin meinte, dass mindestens 2 Drittel der Menschen auf der Erde von ‘gefallenen Engeln’ abstammen und teilte die Meinung von Nietzsche “Gott ist tot!” Davon handeln seine Aufzeichnungen als Plan für einen historischen Fantasy-Roman mit entsprechenden, umwerfenden und eindrucksvollen Bildern. Eine besondere Art von Fantasy-Romanen in grandioser Aufmachung.
:::::Den du umzusetzen gedenkst?
:::::Ja, aber niemals allein. Jetzt sieht das aufgrund der autorischen Beteiligungen ganz anders aus. So glaube ich schon, dass auch Martin mit der derartigen Verwirklichung einverstanden wäre, zumal Bernd als Gesamtleiter sein Vater ist. Sonst hätte er mir nicht 5 Wochen vor seinem Ableben noch viele Unterlagen geschickt…
:::::Wird versucht werden, dieses Buch auf den Markt zu bringen?
:::::Möchte ich gerne, aber es erscheint vorerst als Essay für die Beteiligten und für interessierte Leser. Allein die machen rund 100 Samples aus. Aber da sind natürlich noch einige Gespräche zu führen. Das kann ich nicht allein entscheiden…
:::::Hast du einen Titel im Hinterkopf?
:::::Ja, – ‘Ihr seid wie ihr seid!‘ mit Untertitel -Chronik der gefallenen Engel-. Aber das wurde schon gekippt. Die Beiteiligten wollten die geschichtlichen Personennamen von Eloah (Gott) oder Lucifer und Lilith in den Titel. Aber alles sind noch ungeregelte Zukunftsgedanken!
:::::Dann viel Glück, Bettina. Und danke für das Gespräch!
:::::Ich habe zu danken, Patrick!
Anmerkung: Die Arbeiten an dem speziellen Buch durch Bettina und ihre 10 an diesem Werk literarisch mitarbeitenden Personen sowie jene Worker in Design, Schriften- und Coverformen, sind abrufbar unter der Adresse:
Die Saga Eloah